Schlecht gelaufen
- Markus Schueller
- 10. Juni 2022
- USA offroad
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Nein ich hab die Schlange nicht überfahren. Auch wenn ich zweimal die Chance dazu gehabt hätte, aber dazu später mehr. Die Schlange lebt meines Erachtens, aber nur der erhobene Kopf veranlasst mich dazu, dass zu glauben. Die Schlange verharrte in Totenstarre und sah sich weder beim Vorbeifahren, noch beim Zurückkehren zu irgendwelchen Moves veranlasst.
Tatsächlich sahen die ersten Kilometer heute morgen so aus. Ich war schon um 6:45 unterwegs. Das gibt ein bisschen Vorsprung vor der Hitze. Und wie ich kilometerlang an diesem Zaun vorbeifahre fallen mir Szenen aus Bonanza oder der Shiloh Ranch ein. Da sind doch immer irgendwelche kernigen Jungs losgeritten um fernab der Ranch Zäune zu reparieren. Damals gabs vielleicht noch keine Telefonleitungen, aber so ähnlich muss sich das angefühlt haben.
Noch ein paar Kilometer weiter das nächste Dejavus. Die Shiloh Ranch hatte doch auch ein Tor, durch das die Jungs geritten sind. Nicht so hässlich, stählern und weiß, aber mit Namenszug, wenn ich mich recht erinnere.
Und dann reiht sich ein Traumpanorama an das andere. Es war klar, heute steht Bergfahrt auf dem Programm. Nach Norden über die Berge will ich Nevada verlassen und über Idaho nach Utah fahren, um mich dann wieder Richtung Süden zu orientieren.
Die Strasse windet sich immer höher bis sich am Ende auf 2.500 Meter Höhe das Ultimative 180 Grad Panorama aufbaut.
Es ist immer noch angenehm warm. Unten in Elko waren es gestern 33 Grad. Es tut gut hier oben unterwegs zu sein. Es weht ein leises Lüftchen und zugegebenermaßen ist hier noch nicht so lange Frühling. Trotzdem die Laune ist bestens, diese Strecke gehört sicher zu den schönsten, die ich bisher gefahren bin.
Als ich die Passhöhe erreicht habe, läuft die Strasse auf der anderen Seite des Bergkamms nach unten. Mein Zwischenziel Jarbidge ist jetzt noch 6 km entfernt.
Und dann schlägt das Abenteuer zu. Tatsächlich liegen hier oben vereinzelt Schneefelder, die noch gut 1 Meter hoch sind. Zwei davon überfahre ich, nachdem ich vorher mit den Stiefeln ne spur reingetreten hab. Aber dann kommen noch umgestürzte Bäume dazu. Umfahren geht nicht. Der Hang ist relativ steil und die Schneefelder sind überall.
Ich gebe auf. Ich weiß nicht, wie viele Schneefelder ich noch überqueren muss. Wie viele umgestürzte Bäume weggeräumt werden müssen. Und vielleicht wird ja alles nur noch schlimmer. Es sind zwar nur noch 6 Kilometer, aber die können sehr lang werden. Und nichts ist schlimmer, als nach 3 Kilometern fix und fertig festzustellen, dass alle Hindernisse jetzt nochmal überwunden werden müssen, nur um wieder zurück zu kommen. Wenn das dann noch geht.
Meine zwei Schneewehen schaffe ich locker nochmal. Aber jetzt stehen 160 Kilometer Rückweg an. Es gibt für mich keinen anderen Weg, als dahin zurück zu fahren, wo ich heute morgen gestartet bin. Im Wesentlichen weil dort die nächste Tankstelle ist. Mein Sprit wird gerade reichen, um dort anzukommen. Ein bisschen Puffer hätte ich noch, aber sicherheitshalber lasse ich das Motorrad erstmal 15 Kilometer ohne Motor bergab rollen. Das geht besser als erwartet. Zwischendurch muss der Motor mal wieder nachhelfen, aber insgesamt läuft das sehr locker. So muss es sich bald auf einem E-Motorrad anfühlen. Kann ich mir seit heute vorstellen.
Die Lone Mountain Station steht an einer Kreuzung und erscheint mir als die Oase überhaupt. Der Frust und die Hitze haben mich müde gemacht. Ne eiskalte Cola wäre jetzt das richtige.
Die Bar ist ohne Zweifel ein erlebbares Stück Amerika. Zwei Fernfahrer sitzen an der Theke und quatschen im breitesten Slang mit der Barfrau mit Basecap und Tanktop. Meine Cola gibts natürlich im free refill. Am Ende kostet 3 große Becher Cola inklusive 2 Kilo crashed ice 2 Dollar. Das war es allemal wert und mein angeschlagenes Gemüt kann wieder lächeln. Beim Anziehen der Jacke gerate ich mit dem Arm in den Deckenventilator, aber das hat ja keiner mitbekommen.
Aber eins muss noch gesagt werden: Der Wandschmuck besteht nicht nur aus Dollarscheinen, Sternen und Geweihen, sondern auch aus Wahlplakaten.
Na dann. Wär ja Klasse, wenn da auch ein paar Schneewehen dazwischen kämen.
Morgen fahre ich Richtung Salt Lake City/Utah. Die Bergregionen sind sicher auch in Utah noch teilweise nicht befahrbar. Von daher schleiche ich mich eine Etage tiefer über die Grenze. Und guck mal es sich da so leben lässt.