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von ENDURADO

Villa arriba oder villa baja

Beim Grand Canyon muss man sich entscheiden, hab ich unterwegs gelernt. Fährst Du zum North Rim oder zum South Rim? Aha!? Auf jeden Fall bin ich zum North Rim gefahren. Aber jetzt mal langsam.

Kurz nachdem ich losgefahren bin, steht dieses außergewöhnliche Haus mit pinken Blumenkästen am Strassenrand. Ich war schon dran vorbei, als ich neugierig genug zum Anhalten war. Wie es drinnen wohl so aussieht und wer ein solches Haus besitzt? Es ist Loraine.

 

Es gibt Kaffee aus der French Press und hausgemachte Muffins.  Zukünftig soll auch die Espressomaschine in Betrieb genommen werden. 2 Zimmer sind zu vermieten, es werden Naturprodukte wie Honig und Seife angeboten, aber es gibt auch eine Textil und Kurzwareabteilung. Das alles in einem Holzhaus, dass von innen ein bisschen an eine Skihütte erinnert. Es finde sich auch Sprüche wie „Hippies welcome“. Kurz , der ganze Laden ist eigentlich nicht zu fassen, außer mit einem Wort: Anders.

Ich bestelle einen Kaffee und ein Vanilla-Chocolate-Chips-Muffin. Der Preis: Wir arbeiten auf Spendenbasis. Echt jetzt? Loraine erzählt von Schwierigkeiten mit den Behörden und von den weiteren Ausbauplänen trotz ihrem kleinen Sohn, um den sie sich auch kümmern muss. Eins ist klar, hier macht jemand sein Ding. Und zwar sehr charmant.

Mein nächstes Ziel ist Lake Jacobs. Das ist ca. 70 Kilometer vorm Grand Canyon. Dort gibt es eine Tankstelle und einen Campground, der vielleicht günstiger ist, als direkt am Canyon. Als ich dort ankomme, gefällt mir hier irgendwas nicht, aber Tanken muss ich trotzdem, mit dem zu erwartenden Grand Canyon – Aufschlag.

Ich bin mit allem fertig, das kommt Piotr, oder besser Peter auf mich zu. Ihm ist mein deutsches Nummernschild aufgefallen und erzählt von ostdeutschen Verwandten. Er sei nicht von hier, sondern stamme aus Sibirien aus einer Stadt mit einem typisch russisch unaussprechlichen Namen. Er ist ein Adoptivkind und ist sehr stolz darauf, dass einer seiner Großväter der Mitbegründer des Oktoberfestes in Sundance/Utah sei. Ich kenne Sundance nur von einem Independent-Filmfestival, das Robert Redford ins Leben gerufen haben soll. Piotr bringt mich auf jeden Fall eher mit dem Oktoberfest als mit Robert Redford in Verbindung. Woran liegt´s? 

Ich erzähle ihm, dass ich schon mal in Russland war und dort sehr gastfreundliche Menschen in Troitz getroffen habe. Er nickt, umso schlimmer sei das, was zurzeit in der Welt passiert. Er fühle sich schlecht mit seinen russischen Wurzeln mit dem Krieg in Verbindung gebracht zu werden. Da fremdschämt sich der kleine Piotr für den großen Wladimir….

Der Weg zum Grand Canyon ist weit. Aber immer wieder, auch im Nationalpark finden sich deutliche Spuren von Waldbränden. An manchen Stellen wachsen tausende von Birken und lassen die kahlen schwarzen Überreste verschwinden. 

Ich hab ein bisschen Pch mit dem Wetter. Der Himmel ist bedrohlich bewölkt und zwischendurch fallen auch immer wieder mal ein paar Tropfen. Aber den Fotos ist das vielleicht gar nicht abträglich. Die Wolken und deren Schatten machen alles ein Stück dramatischer. Und am South Rim wäre das auch nicht anders gewesen. 

Das South Rim ist touristisch wohl deutlich erschlossener als das North Rim. Am South Rim gibt es diesen Glasboden über der Schlucht und Mc Donalds usw. Das gibt es am North Rim alles nicht. Anstelle dessen ist es hier so ruhig, dass ich tatsächlich an manchen Aussichtspunkten alleine bin. Es sind nur wenig Menschen hier unterwegs. Es gibt auch eine Reihe von Leuten, die behaupten, dass North Rim sei spektakulärer.

Der Colorado River fließt im Canyon 1.600 Meter tiefer, also unterhalb der Kante von der aus ich die Fotos gemacht habe. Die Schlucht, die der Fluss nach unten geschnitten und der Wind geweitet hat, ist gigantisch. Anhand der Ausmaße wurde für mich nachvollziehbar, wie lange es diese Landschaft hier schon gibt. Die Millionen von Jahren wurden plötzlich sichtbar.

Ich verbringe den ganzen Nachmittag im Nationalpark und lege dabei ca. 120 Kilometer zurück. Vom Eingang des Nationalparks bis zum entlegensten Aussichtspunkt sind es über 40 Kilometer. Alles hier hat einfach gigantische Dimensionen.

Auf dem Rückweg zu meinem Campground, der außerhalb des Parks liegt, blockieren ein paar Bisons die Strasse. Die sind tatsächlich etwas selbstbewusster als normale Kühe, aber am Ende genauso schreckhaft. 

Die Nacht wird kalt der Campground liegt auf 2.700 Meter Höhe mitten im Wald. Infrastruktur gibt es keine, aber dafür kommen tatsächlich in Dämmerung zwei Rehe zu Besuch.

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