NEUIGKEITEN

von ENDURADO

Sunny Virginia

Virginia und ich können doch noch Freunde werden. Gestern Abend durfte am New River mein Zelt aufschlagen und konnte abends wie morgens meinen eigenen Steg benutzen, um, im wirklich warmen Wasser, schwimmen zu gehen. Damit hat meine Beziehung zu Virginia eine neue Basis bekommen. Und der will ich heute auch gerecht werden. -)

Wenn man bedenkt, dass es morgens noch so aussah, weiß man was an einem Tag so gehen kann. 

Aber nochmal zurück zum Fluss. Dort bin ich nämlich zweimal gewesen. Einmal bevor ich einen Platz für die Nacht gesucht hab und dann auf dem Weg zum Campground. Tatsächlich hat mich eine Brücke über diesen Fluss sehr fasziniert. Ich glaube ich bin dreimal drüber gefahren. 

Auf dem Foto ist der Effekt schwächer, aber dadurch, dass diese Brücke kein Geländer oder ähnliches hat, wirkt es wie eine sehr schmale Hängebrücke oder ein Steg über einen Fluss im Dschungel. Der Blick von oben auf den Fluss ist fantastisch. Ich hab nur ein Bild von unten.

Das Wetter auf der Strecke musste sich auch erst entwickeln. Aber kleine Schluchten und Hohlwege sind ohne Regenklamotten direvt viel ansehnklicher. 

Mein erster Tag hier auf dem Midatlantik BDR führt in die Appalachen. Das ist ein Mittelgebirge mit Höhenzügen zwischen 500 und 1.000 Metern. Landschaftlich ähnelt das streckenweise sehr den deutschen Mittelgebirgen oder dem Voralpenland. Es gibt hier auch einen bekannten Wanderweg den Appalachian Trail.

Zum Thema BDR hab ich noch gar nichts gesagt. BDR steht für Backcountry Discovery Roads. Das ist eine recht große Community im Netz, die, ähnlich wie beim TET, Offroad-Strecken zum Herunterladen anbietet. Das gibt es heute für 12(?) Bundesstaaten der USA. Jedes Jahr kommt ein neuer Staat dazu. Dahinter stehen irgendwie auch Touratech USA und BMW aber es ist komplett kostenlos. Letztendlich sind die Strecken fast alle sehr reizvoll, legal, gut dokumentiert, mit Alternativen und zusätzlichen Erweiterungen ausgestattet. Der Schwierigkeitsgrad ist extrem unterschiedlich. Heute und gestern wäre es auch mit ner Straßenmaschine gegangen, aber in California, Colorado und Utah war ich sehr froh ein leichtes Motorrad zu haben . Zu jedem BDR also z.B. CABDR für California oder WYBDR für Wyoming gibt es eine Facebook-Gruppe. Wenn man da mitmacht, hat man aktuelle Streckeninformationen von Leuten die unterwegs sind und bekommt umfangreich und schnell Hilfe bei Problemen oder Fragen. Für mich hat das perfekt funktioniert und ich habe auch fast jeden Abend meinen Streckenbericht mit ein paar Fotos abgesetzt. Jetzt bin ich auf dem Midatlantic BDR unterwegs, der mich auf ca. 1.600 Kilometern durch die Appalachen zur Staatsgrenze nach New York führt. Von dort sind es dann noch ca. 400 Kilometer bis New York City. So der Plan.

Auch die Immobilien werden anschaulicher. Hier ist nichts mehr morbide. Manches sieht sogar ein bisschen nach Southfork Ranch (Na, schon mal gehört?) aus.

Und ich treffe mal wieder einen Biker. Auf den inzwischen fast 12.000 Kilometern hab ich bislang 12 andere Motorradfahrer kennengelernt. Darunter war eine Gruppe von 7. Bleiben noch 5 andere Begegnungen. Also richtig voll ist es hier nicht.

Heute kommt noch Craig dazu. Auf einer leicht öltriefenden Suzi DR650 mit lila Rahmen, ein echtes Kind der 90er, ist er ebenfalls allein unterwegs und fährt wie ich Richtung Norden.

Er hat eine ähnlich dramatische Krebs-Geschichte hinter sich, wie schon Tim, den ich vor ein paar Wochen am Bryce Canyon getroffen habe. Im Gegensatz zu diesen Jungs bin ich deutlich unbeschwerter unterwegs. 

Wir fahren ein Stück zusammen, was auch gut funktioniert. Am Ende hat dann doch jeder eigene Vorstellungen, wie weit er heute fahren und wo er denn abends so bleiben will. Also gibt´s das letzte Abendmahl gut bürgerlich bei Burger King.

Auf dieser Reise wird jetzt alles irdischer. Das unfassbar große Amerika, dass ich die letzten Wochen erlebt habe, ist jetzt erfassbar geworden. Die Weite und die Wildnis sind gewichen. Es gibt Zäune und Briefkästen entlang des Wegs. Nicht mehr alle 50 Kilometer, sondern alle 500 Meter.

Ich muss mich daran erst gewöhnen. Ich hatte nicht erwartet, dass es so einen Unterschied schon hier auf dem Lande gibt. Die Städte sind was anderes, das war klar. Aber dass der Farmer in Virginia verglichen mit dem in Nevada oder Wyoming eher ein Kleingärtner ist, das wusste ich nicht.

 Wenn die Landschaft das Amerika der letzten Wochen ausgemacht hat, dann sind es jetzt die Menschen, die diesen Teil prägen und geprägt haben. Ich wünsche mir, davon in den nächsten Wochen noch jede Menge mitzubekommen und vielleicht in Ansätzen zu verstehen.

Viel verstanden von Amerika hab ich bislang noch nicht. Oft hab ich über Waffen, Mr. Trump, die Veteranen und den Klimawandel gesprochen. Ich hab viele Meinungen gehört, die ich zum Teil nicht einordnen konnte. Trump zum Beispiel hat bis jetzt bei allen meinen Gesprächspartnern gut und in jedem Fall besser abgeschnitten als Biden. Wenn man hier auf dem Land so unterwegs ist, fragt man sich, wer Biden überhaupt gewählt hat.

Waffen hatten, mit Ausnahme von Tim, alle dabei, die ich getroffen habe. Naja, und ob es wirklich einen durch den Menschen gemachten Klimawandel gibt, da sind sich hier viele nicht so sicher.

Aber eins war bislang allen glasklar. Die Veteranen sind zu ehren. Sie und alle heutigen Mitglieder der Armed Forces sorgen dafür, dass wir hier völlig unbedarft Motorradfahren können.

Ich komm hier ganz schön oft ins Grübeln. Die Leute, die ich treffe und mit denen ich länger sprechen kann, sind im Normalfall gut ausgebildete Leute. Oft Ingenieure, Softwaremenschen, Ärzte, was weiß ich. Blöder als ich sind die bestimmt nicht. 

Ich bin in Amerika, in einem anderen Land, treffe andere Menschen mit anderen Hintergründen und anderen Meinungen. Wie das auf ner weiten Reise so ist. 

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