Autor: Markus Schueller

USA Offroad Coast2Coast

Tatsächlich, da stehe ich am Hudson River und gegenüber ist Midtown Manhattan. Das hat was Surreales. Was macht die Katie hier und  wie sind wir eigentlich hierhin gekommen?

Ich fand den Gedanken schon immer faszinierend, das jeder Ort auf der Welt über irgendeinen Weg, mit jedem anderen Ort auf der Welt verbunden ist. Manchmal liegt ein Meer dazwischen, dass ohne Schiff oder Flugzeug nicht überwunden werden kann. Es reicht, loszufahren, sich auf den Weg machen, um selbst entfernteste Orte zu erreichen.

Ich bin in 56 Tagen 13.526 Kilometer gefahren. Ich bin heute in New York angekommen. Aber in Amerika und in meiner Reise bin ich seit dem ersten gefahrenen Kilometer. So gesehen war ich schon am ersten Tag am Ziel.

 

Heut bin ich auf dem Weg zu der Firma, die die Katie per Schiff wieder zurück nach Deutschland befördert. Der Laden sitzt in Linden New Jersey, das knapp 45 Minuten von Manhattan entfernt liegt. Aber nicht am Freitag Nachmittag. Ich brauche von meinem Airbnb bis zum Fotolocation und von dort nach Linden 3,5 Stunden, im Wesentlichen im Stop&Go-Verkehr. Als ich dort ankomme, bin ich von der Hitze und dem Lärm echt erledigt. Gottseidank ist der Himmel bedeckt. In prallem Sonnenschein, wäre das noch viel härter gewesen. Die Annahme des Motorrads dauert 10 Minuten und ich mache mich nach ner Pizza mit dem Zug und der U-Bahn auf den 2-stündgien Rückweg.

Nicht nur der Vorderreifen zeigt deutliche Verschleißerscheinungen. Aber alle Versuche in den letzten 14 Tagen einen bezahlbaren Vorderreifen zu kaufen, scheiterten. Entweder es gibt nicht den richtigen Reifen, oder der Preis liegt um die 200 Dollar. Da kann man schon mal geizig werden. Insgesamt hab ich auf der Reise drei Vorderreifen und drei Hinterreifen verschlissen.

Ich hab ein spezielles Verhältnis zu Amerika und den Amerikanern. Zu Beginn meines Berufslebens, hab ich ein Praktikum bei einem amerikanischen Computerhersteller in Deutschland gemacht. Der dort vorherrschende American Spirit, hat mir Chancen eröffnet, die ich mit meiner (einfachen) Ausbildung in einem deutschen Unternehmen vermutlich nicht bekommen hätte. Bei den Amerikanern ging es nur darum, was Du tun kannst, nicht, welche Ausbildung Du hast. In diesem Milieu konnte ich mich entwickeln. Und das ich heute freiberuflich arbeite und dadurch solche Reisen für mich möglich sind, findet seinen Anfang Ende der achtziger Jahre bei TANDEM COMPUTERS aus Cupertino, California.

Deswegen mag ich Amerika und die Amerikaner mit allen Schattenseiten, die es ohne Zweifel gibt. Diesen American Spirit und die damit verbundene Offenheit, hab ich oft angetroffen unterwegs. Gepaart mit Hilfsbereitschaft, Gastfreundschaft und einer generellen Freundlichkeit. Ich hab mich sehr wohlgefühlt unterwegs.

Und was das Offroad-Fahren angeht, ist Amerika das Paradies. Es gibt nicht nur viele Strecken, sondern die, die es gibt, haben mich in teils unfassbar schöne Landschaften geführt. 

Kurz, das war eine großartige Reise in einem großartigen Land, begleitet von Menschen, die einem den Aufenthalt in Ihrer Heimat erleichtern. Und dass es mir mit meinen Englischkenntnissen möglich war, etwas anspruchsvollere Unterhaltungen unterwegs zu führen ist ein weiterer riesiger Pluspunkt und ein Grund zum Wiederkommen.

Aber erstmal  bleibe ich noch vier Wochen hier. Morgen  kommt Monika und dann werden wir mit dem Mietwagen die Neuengladstaaten, die großen Seen, Georgia und Florida erkunden.

Der Blog zur Reise endet hier. Vielen Dank an Alle, die meinen Weg mit diesem Blog  begleitet haben. Mir macht das Schreiben ohnehin Spaß, aber ein interessierter Leserkreis ist ein wertvoller Ansporn.

Zielgerade

Bevor es dann auf die vorletzte Etappe in Richtung New York City geht brauche ich erst noch ein vernünftiges Frühstück. Direkt neben meinem letzten Motel vor NYC ist dieser Bilderbuchdiner.

Von innen ist er etwas farblos, dafür aber ziemlich stilecht. Alles ist für meine Wahrnehmung im Stil der 60er und 70er gehalten.

Leider verweigern beide Bedienungen konsequent ein Foto. Das hat´s noch nicht gegeben auf der Reise, aber ich muss es akzeptieren.

90 Meilen hab ich noch vor mir und fahre ein Stück entlang des Hudson Rivers, der später in  New York City ins Meer mündet. Heute bin ich unterwegs nach Stamford, Connecticut um dort Elfi bei ihrer Schwester Margit zu besuchen. Ich fahre also erstmal nördlich an NYC vorbei, um in Stamford an der Küste anzukommen. Letztendlich bin ich während meiner Anreise meist nur 30 Meilen von New York entfernt. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass es so nah an einer so riesigen Stadt noch so viel idyllische Natur gibt. Man kann sich gar nicht vorstellen, dass man in nur einer Stunde von hier mitten in Manhattan steht.

Die Adresse, zu der mein Navi mich lotst materialisiert sich dann so. Mir ist erstmal ne Weile der Mund offen stehen geblieben, als ich hier auf Grundstück gerollt bin. Das Haus steht auf einer Anhöhe in einem kleinen Stückchen Wald mit zwei Teichen und einem Swimming Pool.

In einem extra Gebäude sind eine Reihe von Motorrädern untergebracht. Ein BMW Supertourer, eine MV Agusta und ein paar sehr alte BSA und NSU Modelle. Eine alte Ducati ist zum Wiederaufbau komplett zerlegt. Margit´s Mann Chris ist ein Motorradfreak, aber leider zurzeit unterwegs. Mal sehen, vielleicht lässt sich ja am Wochenende noch ein Treffen einrichten. 

Ich hab ja schon ein paar große und schöne, amerikanische Häuser unterwegs von innen bewundern dürfen, aber das hier setzt dem Ganzen die Krone auf. Die sprichwörtlichen unbegrenzten Möglichkeiten in Amerika konnte ich jetzt schon ein paar Mal live erleben.

Nach dem Bilderbuchdiner von heute morgen gibts dann ein Bilderbuchdinner auf einer Bilderbuchterrasse. Es gibt leckere Pasta und einen hervorragenden Salat, und Rotwein nicht ganz in meinem bisherigen amerikanischen Stil. Nach ungezählten Hamburgern, Hotdogs, Burritos, Tacos, French Fries, Toasts, Muffins, Bagels, Donuts, Chef- and Ceasarsalads, Fischkonserven, Cashews, Beef-Jerkys, Budweisers, Coors und Fosters  tut so ein europäischer Touch sehr gut. 🙂

Ich darf für einen Tag hier im Paradies bleiben und fahre am Freitag nach NYC. Von dort schreibe ich dann meinen letzten Blog-Eintrag.

Der Botschafter

Und schon wieder passiert mehr, als ich aufschreiben kann. Meine letzten Tage hier in den Appalachen, bringen  mich mit einer Reihe von Leuten zusammen, die ich später noch ausgiebig würdigen möchte. 

Der junge Mann hier in Berufsbekleidung ist ein leibhaftiger BDR Ambassador. Er heißt Marc und in seiner Rolle als Botschafter versucht er die Route, die durch Virginia, West Virginia, Maryland und Pennsylvania läuft bestmöglich zu promoten. Doch dazu später noch mehr.

Am Samstag bin ich zuerst mal mit Dave unterwegs gewesen. Dave hat mir bei der Suche von Offroad-Strecken im Netz ein paar wesentliche Tipps gegeben. Schon vor einigen Wochen hatten wir verabredet, dass ich mich melde, wenn ich mich dem Midatlantic BDR annähere. Gesagt getan, und tatsächlich brechen wir am Samstag gemeinsam zu einer Etappe auf. 

Dave fährt auch eine KTM 690 Enduro und ist ziemlich gut ausgerüstet. Er plant mit seiner Pensionierung (nächstes Jahr?) einen Offroad-Trip von der Ostküste an die Westküste. Also ähnlich dem, was ich gemacht habe, nur in umgekehrter Richtung.

Wir treffen uns schon Freitagabend im Hotel in Moorfield, gehen mexikanisch essen und reden sehr differenziert über Putin und die Welt.

Samstag früh geht es dann endlich los. In den kühlen Morgenstunden lässt sich der größte Teil der Section 4 des BDR problemlos absolvieren. Zum Mittagessen treffen wir seinen Sohn, nebst schwangerer Ehefrau in Buddy Lou´s Restaurant. 

Das Restaurant ist ein Insidertipp. Trotz der Temperaturen über 30 Grad, lässt es sich hier mit hausgemachter Limonade unterm Sonnenschirm gut aushalten.

Am späteren Nachmittag trenne sich unsere Wege und wie vorhergesagt, gibt es am Abend einen fetten Sturm.

Ich steige im schlechtesten Haus am Platze ab und nachdem das gröbste Unwetter vorüber ist, offenbart sich vor der Motelzimmertür noch ein dramatischer Abendhimmel.

Am nächsten Morgen treffe ich Marc, den Botschafter, der schon vor einigen Tagen, die Initiative ergriffen hat, sich mit mir auf ein oder zwei Tage Motorradfahren zu verabreden. Letztendlich treffen wir uns zu Dritt, da Marc auch noch Steve in Schlepptau hat.

Drei ältere Herren püosieren hier direkt am Abgrund. Von hier starten normalerweise die Paraglider. Heute ist der Startplatz aber im Wesentlichen eine Selfie-Location.

Scharenweise erscheinen hier Harley-Fahrer, um sich im Gruppenbild zu verewigen. In der Nähe dieses Startplatzes ist übrigens der Bunker, in dem der amerikanische Präsident verschwinden kann, wenn es brenzlig wird. Camp David ist auch nicht weit.

Gegen Nachmittag fängt in der Hitze dann das Blut auch langsam an zu kochen und es wird Zeit für ein schattiges Plätzchen. Steve wird verabschiedet und Marc steuert das Haus von John an. Letztendlich lande ich mitten in einem Grillabend von drei wirklich alten Freunden und John´s Frau. Alle drei haben ihr Berufsleben in der Army verbracht und zum Teil jahrelang in Deutschland. bzw. in Europa verbracht.

Getrunken wird australisches Foster in Monsterdosen, die gesammelt und dem örtlichen Tierheim gespendet werden.

Pat (grünes Shirt) lädt mich ein, in seinem Haus zu übernachten. John (braunes T-Shirt, hinten) bereitet derweil 3 Portionen “Blackeyed Susan” vor. Ein Drink, der es mit Wodka und Bourbon in sich hat.  Ich kann das dicke Band der jahrzehntelangen Verbundenheit der drei Freunde nebst Frauen förmlich spüren. Alle drei sind weitgereiste Motorradtraveller und eine Geschichte reiht sich an die nächste.

Zum Schluss lande ich bei Pat, der sich als großer Patriot und Waffensammler entpuppt. Auch er bewohnt eine riesiges Haus mit einem großen Partyraum im Keller. Dort finden sich neben diversen Ausstellungsstücken auch ca. 50 historische Gewehre, die vermutlich ein kleines Vermögen gekostet haben.

Pat war in der Army Fallschirmspringer und zumindest gemäß alter Fotos ziemlich fit. Auf jeden Fall ist er ein ausgeprägter Patriot. Wir sprechen darüber und als es um die Nationalhymne geht, ist er so berührt, dass die Augen feucht werden. Für mich ist sehr beeindruckend, wie tief der Patriotismus in der Seele verankert ist.

Am nächsten Morgen startet die nächste Tour auf dem nächsten Streckenabschnitt. Wir sind wieder zu Dritt. Diesmal ist Clay dabei. Ein Notarzt, der in einem Rettungshubschrauber arbeitet.

Bis Mittag fahren wir zusammen, werden zusammen nass und zum Abschluss gibt´s noch nen Hamburger.

Für mich waren das drei Tage voller Begegnungen mit “fremden” Leuten. Wirklich fremd waren wir uns aber nur ne halbe Stunde. Solange hat es gedauert, bis der Spaß am Motorradfahren, am Reisen und die Neugier aufeinander die Brücke geschlagen hat. In den letzten Tagen hat mich Amerika wirklich umarmt.

Die Klapperschlange

Was klappert lauter als die Ventile von der Kati? Nee, ich hab´s erst gehört, als ich den Motor ausgemacht hab. Und anders als bei der Kati ist das schon Respekt einflößend. Näher als nen Meter hab ich mich nicht rangetraut. Wer´s genauer wissen will: Die Klapper ist am Ende der Schlange befestigt, also rechts unten im Bild. Ich hatte hier mit sowas nicht mehr gerechnet, war schließlich nur noch Regenwürmer gewohnt.

Ansonsten bleibt Virginia und auch West Virginia sonnig, heiß, feucht und sehr ländlich. 

Die Piste ist sehr easy, das würde auch mit der Harley gehen. Was dem einen oder anderen Harleyfahrer auch passiert, wenn er mal falsch abbiegt. Es stehen hier tatsächlich Schilder auf der Straßen, die darauf hinweisen, dass man seinem Navi in Virginia lieber nicht 100%ig trauen soll, denn die Nebenstraßen sind oft Schotterwege.

Den Tante-Emma-Laden hab ich gefunden, als ich genug Bäume gesehen hatte. Ich bin vom Trail runter auf die Straße, um auch mal was vom Land mitzubekommen und nicht nur im Wald unterwegs zu sein.

Es gibt viele solcher kleinen Grocery Stores in denen die Zeit stehen geblieben ist. Davor steht dann noch ne Zapfsäule aus den 60ern, an der es eine Sorte Sprit gibt. Echte Anachronismen entlang der Straße. 

Und gegen Abend hab ich dann wieder so eine Perle am Fluss gefunden. Ich war der einzige One-Night-Camper. Die Dauercamper waren in einem anderen Areal, dass ich noch nicht mal sehen konnte. Also hatte ich den Fluss für mich allein. Fast kitschig wurde es dann, als gegen Abend die Glühwürmchen in Schaaren flogen und zwei Rehe zu Besuch kamen. Ich schwöre, es gab nur Tee und zwei Dosen Fisch.

Diese Campgrounds sind unbemannt. Es gibt keine Rezeption, nur einen Briefkasten, in dem man das Geld und ein kleines ausgefülltes Formular werfen muss. Der Preis hierfür war 10 $. Ich hatte nur 20er, also musste ich jemanden zum Wechseln finden. Irgendwann tauchte ein Quad mit zwei älteren Herren und einem kleinen Mädchen auf. Sie versprachen mit Wechselgeld wiederzukommen. 5 Minuten später brachten sie auch noch die mindestens 80jährige Oma mit. Es gab ein großes Hallo “Aus Deutschland!?” “Welcome to America!”, Einladung zum BBQ morgen und viele Tipps, die ich ja zumindest beherzigen könnte, wenn ich denn bald wiederkäme. Die alte Frau lächelt mich die ganze Zeit wie in Trance an. Dann nimmt sie mit beiden Händen meine Hand und sagt: “Jesus schütze Dich. Er soll auf Deinen Wegen immer bei Dir sein.” An dieser Stelle, hat dann mein Englisch versagt, darauf konnte ich nichts Vernünftiges mehr rausgeben.  Und ans Fotografieren hab ich natürlich auch nicht mehr gedacht, aber den Moment kann ich mir auch so merken.

Die Nacht war, wie erwartet ruhig, weitere Tierbesuche blieben aus. Ein paar Canada-Gänse waren noch da, aber die blieben auf Entfernung. Und Bären gibt´s hier doch nicht, oder?

Heute Abend treffe ich in Moorefield eine Facebook-Bekanntschaft. David, der mir vor einigen Wochen ein paar Quellen für andere Offroad-Tracks genannt hat. Damals hatte ich noch andere Pläne für die Fahrt zur Ostküste. Wir haben dann ausgemacht, wenn ich in der Gegend bin, drehen wir mal eine Runde zusammen. Das passiert dann morgen zusammen mit seiner Frau. Für übermorgen hat sich jemand aus der BDR Orga angekündigt, wir wollen mal ein oder zwei Tage zusammen fahren. Vielleicht kriege ich ja nen Werbevertrag angeboten. :-))))) 

Sunny Virginia

Virginia und ich können doch noch Freunde werden. Gestern Abend durfte am New River mein Zelt aufschlagen und konnte abends wie morgens meinen eigenen Steg benutzen, um, im wirklich warmen Wasser, schwimmen zu gehen. Damit hat meine Beziehung zu Virginia eine neue Basis bekommen. Und der will ich heute auch gerecht werden. -)

Wenn man bedenkt, dass es morgens noch so aussah, weiß man was an einem Tag so gehen kann. 

Aber nochmal zurück zum Fluss. Dort bin ich nämlich zweimal gewesen. Einmal bevor ich einen Platz für die Nacht gesucht hab und dann auf dem Weg zum Campground. Tatsächlich hat mich eine Brücke über diesen Fluss sehr fasziniert. Ich glaube ich bin dreimal drüber gefahren. 

Auf dem Foto ist der Effekt schwächer, aber dadurch, dass diese Brücke kein Geländer oder ähnliches hat, wirkt es wie eine sehr schmale Hängebrücke oder ein Steg über einen Fluss im Dschungel. Der Blick von oben auf den Fluss ist fantastisch. Ich hab nur ein Bild von unten.

Das Wetter auf der Strecke musste sich auch erst entwickeln. Aber kleine Schluchten und Hohlwege sind ohne Regenklamotten direvt viel ansehnklicher. 

Mein erster Tag hier auf dem Midatlantik BDR führt in die Appalachen. Das ist ein Mittelgebirge mit Höhenzügen zwischen 500 und 1.000 Metern. Landschaftlich ähnelt das streckenweise sehr den deutschen Mittelgebirgen oder dem Voralpenland. Es gibt hier auch einen bekannten Wanderweg den Appalachian Trail.

Zum Thema BDR hab ich noch gar nichts gesagt. BDR steht für Backcountry Discovery Roads. Das ist eine recht große Community im Netz, die, ähnlich wie beim TET, Offroad-Strecken zum Herunterladen anbietet. Das gibt es heute für 12(?) Bundesstaaten der USA. Jedes Jahr kommt ein neuer Staat dazu. Dahinter stehen irgendwie auch Touratech USA und BMW aber es ist komplett kostenlos. Letztendlich sind die Strecken fast alle sehr reizvoll, legal, gut dokumentiert, mit Alternativen und zusätzlichen Erweiterungen ausgestattet. Der Schwierigkeitsgrad ist extrem unterschiedlich. Heute und gestern wäre es auch mit ner Straßenmaschine gegangen, aber in California, Colorado und Utah war ich sehr froh ein leichtes Motorrad zu haben . Zu jedem BDR also z.B. CABDR für California oder WYBDR für Wyoming gibt es eine Facebook-Gruppe. Wenn man da mitmacht, hat man aktuelle Streckeninformationen von Leuten die unterwegs sind und bekommt umfangreich und schnell Hilfe bei Problemen oder Fragen. Für mich hat das perfekt funktioniert und ich habe auch fast jeden Abend meinen Streckenbericht mit ein paar Fotos abgesetzt. Jetzt bin ich auf dem Midatlantic BDR unterwegs, der mich auf ca. 1.600 Kilometern durch die Appalachen zur Staatsgrenze nach New York führt. Von dort sind es dann noch ca. 400 Kilometer bis New York City. So der Plan.

Auch die Immobilien werden anschaulicher. Hier ist nichts mehr morbide. Manches sieht sogar ein bisschen nach Southfork Ranch (Na, schon mal gehört?) aus.

Und ich treffe mal wieder einen Biker. Auf den inzwischen fast 12.000 Kilometern hab ich bislang 12 andere Motorradfahrer kennengelernt. Darunter war eine Gruppe von 7. Bleiben noch 5 andere Begegnungen. Also richtig voll ist es hier nicht.

Heute kommt noch Craig dazu. Auf einer leicht öltriefenden Suzi DR650 mit lila Rahmen, ein echtes Kind der 90er, ist er ebenfalls allein unterwegs und fährt wie ich Richtung Norden.

Er hat eine ähnlich dramatische Krebs-Geschichte hinter sich, wie schon Tim, den ich vor ein paar Wochen am Bryce Canyon getroffen habe. Im Gegensatz zu diesen Jungs bin ich deutlich unbeschwerter unterwegs. 

Wir fahren ein Stück zusammen, was auch gut funktioniert. Am Ende hat dann doch jeder eigene Vorstellungen, wie weit er heute fahren und wo er denn abends so bleiben will. Also gibt´s das letzte Abendmahl gut bürgerlich bei Burger King.

Auf dieser Reise wird jetzt alles irdischer. Das unfassbar große Amerika, dass ich die letzten Wochen erlebt habe, ist jetzt erfassbar geworden. Die Weite und die Wildnis sind gewichen. Es gibt Zäune und Briefkästen entlang des Wegs. Nicht mehr alle 50 Kilometer, sondern alle 500 Meter.

Ich muss mich daran erst gewöhnen. Ich hatte nicht erwartet, dass es so einen Unterschied schon hier auf dem Lande gibt. Die Städte sind was anderes, das war klar. Aber dass der Farmer in Virginia verglichen mit dem in Nevada oder Wyoming eher ein Kleingärtner ist, das wusste ich nicht.

 Wenn die Landschaft das Amerika der letzten Wochen ausgemacht hat, dann sind es jetzt die Menschen, die diesen Teil prägen und geprägt haben. Ich wünsche mir, davon in den nächsten Wochen noch jede Menge mitzubekommen und vielleicht in Ansätzen zu verstehen.

Viel verstanden von Amerika hab ich bislang noch nicht. Oft hab ich über Waffen, Mr. Trump, die Veteranen und den Klimawandel gesprochen. Ich hab viele Meinungen gehört, die ich zum Teil nicht einordnen konnte. Trump zum Beispiel hat bis jetzt bei allen meinen Gesprächspartnern gut und in jedem Fall besser abgeschnitten als Biden. Wenn man hier auf dem Land so unterwegs ist, fragt man sich, wer Biden überhaupt gewählt hat.

Waffen hatten, mit Ausnahme von Tim, alle dabei, die ich getroffen habe. Naja, und ob es wirklich einen durch den Menschen gemachten Klimawandel gibt, da sind sich hier viele nicht so sicher.

Aber eins war bislang allen glasklar. Die Veteranen sind zu ehren. Sie und alle heutigen Mitglieder der Armed Forces sorgen dafür, dass wir hier völlig unbedarft Motorradfahren können.

Ich komm hier ganz schön oft ins Grübeln. Die Leute, die ich treffe und mit denen ich länger sprechen kann, sind im Normalfall gut ausgebildete Leute. Oft Ingenieure, Softwaremenschen, Ärzte, was weiß ich. Blöder als ich sind die bestimmt nicht. 

Ich bin in Amerika, in einem anderen Land, treffe andere Menschen mit anderen Hintergründen und anderen Meinungen. Wie das auf ner weiten Reise so ist. 

American Harz

Zum ersten Foto muss ich nichts weiter sagen. Doch ich sag nur von 12 bis 5 und zwar heftig.

Ein paar Bilder von West Virginia will ich zeigen, die schon an den Harz erinnern. Sorry für das erneute Harz-Bashing. Aber tatsächlich ist eine vor sich hin sterbende Region. Und so sieht es hier in dem Teil von West Virginia, der mir begegnet auch aus.

Alles wirkt marode und was kaputt geht, wird auch nicht wieder repariert, so fühlt es sich an. Meine Straße führt durch ein Tal, durch das ein kleiner Fluss fließt und in dem eine Eisenbahnlinie verläuft. Zwischendurch gibt es Industrieanlagen, die Kohle verarbeiten oder verladen können. Offensichtlich hat es hier mal bessere Zeiten gegeben, als Kohle noch en Vogue war.

Unterwegs gibt es auch Verkehr, den ich nicht mehr gewohnt bin. Irgendwann nimmt mir einer bei Tempo 80 beim Auffahren auf die Straße in Gegenrichtung brutal die Vorfahrt. Einen Meter vor seiner Fahrertür komme ich mit aufgerissenen Augen zum Stehen. Kein Unrechtsgefühl auf seiner Seite, er fährt ohne jede Regung weiter. Die einsamen Routen der letzten Wochen haben meine Sinne einschlafen lassen. Ansonsten hätte ich den Mordversuch vielleicht früher erahnt. Auf jeden Fall ist jetzt erst mal mindestens ein Kaffee fällig.

Und zwar auf jeden Fall hier: Griechen in West Virginia, da muss ich rein.

Von diesen Zeiten wissen diese beiden sympathischen Virginier zu berichten. Sie ist übrigens tatsächlich amtierende Griechin und es gibt sogar echtes Baclava. Beide interessieren sich sehr für die Geschichte der Gegend, wissen viel zu erzählen und veranstalten Vortragsabende zu diesem Thema. Sie erzählen mir von Welch, einem Nachbarort, der mal 100.000 Einwohner hatte und als New York City des Tals hier galt. Da bin ich später hingefahren. Aber erst noch in Blick ins Regal.

Ich finde, das ist ein echter Hingucker: die perfekte Mischung von Mutter Gottes und Kill Bill und das hier morgens um halb zehn in West Virginia auf nem verstaubten Regal.

Das hier ist also Welch. Mit Story von gerade im Hinterkopf kann man erkennen, dass hier mal mehr los war. Und die großen Häuser stammen offensichtlich aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts und ich zumindest konnte mir vorstellen, dass es hier mal viel geschäftiger zuging.

Aber in den morbiden Schluchten leben nette und aufgeschlossene Menschen, wie dieser ältere Herr hier, der eine Steckdose außen an einer Tankstelle nutzt, um sein Tablet zu bedienen. Als ich ihn frage, ob ich ihn fotografieren darf, ist er gerne einverstanden und wünscht mir wortreich für die Weiterreise alle Gute, ich möge vorsichtig sein und immer sicher reisen.

Wie einfach es sein kann, interessante Menschen zu fotografieren. Ich sollte viel öfter einfach anhalten und fragen. Schwarze sehe ich erst hier ab und an. Im gesamten Westen, mal abgesehen von San Francisco kann ich mich an keine Begegnung mit einem Schwarzen erinnern

Inzwischen regnet es wieder. Mal mehr, mal weniger, mal mit und mal ohne Sonne. Kein Wunder, dass es hier so grün ist. Man sollte einfach nirgendwo hinfahren, wo es grün ist. Dann spart man sich den Regen. Das sicherste Reisewetter gibt es ohnehin in Algerien. Das ist mir seit langem klar.

Schade, ich hatte eine kurvige Strecke ausgesucht, die jetzt nur begrenzt Spaß macht. Der Regen wird mit der Zeit intensiver und die Folgen werden sichtbar. Die Straße ist stellenweise mit Schlamm überspült. Es gibt einspurige Sperrungen, dort wo es soviel ist, dass mit schwerem Gerät aufgeräumt werden muss. Es gibt kleine Erdrutsche und bald wird das Ausmaß der Katastrophe deutlich.

Vor einer Woche muss es hier eine extreme Flut gegeben haben. 30 Häuser sind komplett zerstört. Autos und Baumstämme liegen herum, Eisenbahnschienen sind unterspült. Hier ist was großes passiert. An der nächsten Tankstelle bekomme ich die Geschichte erzählt.

Mein Weg führt mich aus dem Tal heraus. Es regnet sintflutartig. Gegen fünf reißt der Himmel auf. Die Sonner scheint. Sofort wird es heiß. Ich halte an einer Pizzeria an. Esse was und lasse meine Sachen trocknen.

West Virginia schneidet ein bisschen schlecht ab heute. Das liegt auch am Wetter. West Virginia und auch Virginia, wo ich heute Abend gelandet bin, ist nicht nett zu mir. Und so nehme ich auch wenig Rücksicht. Aber natürlich hab ich nur einen kleinen Ausschnitt gesehen und dabei meist in nassen Klamotten gesteckt.

Morgen werde ich mal vorsichtig gucken, wie die Piste aussieht. Dem Schlamm hab ich ja schon länger abgeschworen.

Country roads

Die letzten beiden Tage sahen, durch meine Brille betrachtet,  meistens so aus. Wald, Wald, Wald, manchmal auch Wiese. Allerdings wohnen in Ohio und in West Virginia auch ein paar Menschen mehr als in Wyoming.

Alle paar Kilometer fahre ich durch solche typischen Straßendörfer oder entlang von größer angelegten Privatgrundstücken. Die Besiedelung ist so dicht, dass man als notdürftiger Motorradfahrer gar nicht mehr weiß wohin damit. Aber bisher gab´s noch immer ne Lösung.

Aber ich hab auch so einen Straßenzug gefunden. In einem Ort, der genauso idyllisch begann, wie gerade gezeigt. Als ich das Foto gemacht habe, kamen nur Augenblicke später zwei Gestalten auf einem Quad und einem mega abgerissenen großen Motorrad und blieben hinter mir stehen. Ich dreh mich um, um besser mal Kontakt aufzunehmen. Aber der Slang ist so schräg, dass ich echt kein Wort verstehe. Die Typen sehen aus, als hätte man sie beim ersten Dreh zu Mad Max hier einfach vergessen und hungern lassen. Ich hätte gerne ein Foto gemacht, war aber zu beunruhigt ob der wirklich wilden Erscheinung und leichtem Autismus im Blick. Kurz darauf fährt der Bursche mit dem Motorrad mit komplett offenem Auspuff auch weg. Der andere lädt eine ähnlich abgewrackte Frau auf das Krad und verschwindet ebenfalls. Merkwürdige Begegnung, leider zu kurz.

Auch so ein Panorama war gestern und heute mehrfach an der Tagesordnung. Manchmal regnet es so stark, dass ich’s an irgendeiner Tankstelle mit Kaffee und Kitkat mal ne halbe Stunde abtropfen lasse. Überhaupt ist das Klima hier extrem feucht und dabei ziemlich warm. Jeder Biker kann sich vorstellen, wie es sich anfühlt bei 28 Grad und strömendem Regen mit den Gummiklamotten unterwegs zu sein. Erst recht, wenn danach nur kurz die Sonne rauskommt. So fühlt sich wahrscheinlich ein Frosch beim Schwitzen.

Kirchen finde ich hier auch wie Regentropfen auf der Crossbrille. Auch in kleinen Orten in verschiedenen Geschmacksrichtungen. An manchen Kirchen steht auch “For Sale”. Offensichtlich läuft nicht jede Sorte gleich gut. Das Bild hier hat mich im Vorbeifahren wegen der drei Kreuze im Hintergrund beeindruckt. Ich hab sofort Männer mit weißen Kapuzen und Fackeln davorstehen sehen.

Heute hab ich´s auf jeden Fall nicht nach Damascus geschafft, wo ich eigentlich hinwollte. Mit fehlten um halb 6 noch mindestens 150 Kilometer kurvigste Strecke durch den Wald, da bin ich lieber hier in Princeton rechts rangefahren um den 11.000sten amerikanischen Kilometer bei nem Bud auf dem Bett zu feiern.

On the road

Über 2.400 Kilometer später rollt die Katie in Toledo in ohrenbetäubender, schwüler Vorstadtidylle vom Hänger. Hier sieht es aus, wie man es aus den Filmen kennt. Die Häuser stehen 15 Meter zurückgesetzt von der Straße, davor Rasen oder riesige Einfahrten in die Garage. Es fehlt nur noch, dass ein Zeitungsjunge vorbeikommt und die aktuelle Ausgabe in die Haustür wirft. 

 Darren und sein Sohn haben mich mitgenommen auf den Marathon, der uns aus der Wildnis Wyomings nach Toledo in ein industrielles Zentrum der USA führt. Wir sind 26 Stunden am Stück unterwegs gewesen. Angehalten haben wir nur zum Tanken, Kaffee trinken und Burger kaufen. Über Nacht, haben wir Nebraska, Iowa, Illinois und Indiana durchquert. Im Wesentlichen flache und weite Ebenen mit Kornfeldern. 800 Kilometer Regen waren auch mal dabei.

“Set cruise control to 78 and let it roll.” Mit diesen Worten macht Darren auf dem Beifahrersitz die Augen zu. Das Speed Limit steht bei 70 und für 8 Meilen mehr gibt´s in USA kein Ticket. “Fremde sind Freunde, die Du noch nicht kennst.” Hat Günne mal gesagt, als er sich neben mir in Marrakesch in den Lkw gelegt hat, nachdem wir uns 2 Stunden kannten. Klingt kitschig, aber es hat was Wahres. Vor drei Tagen hab ich noch keinen der Jungs gekannt und jetzt versuche ich uns mit dem 400 PS Dodge zu zwei Dritteln schlafend nach Toledo Ohio zu kutschieren. 

Das ist die ganze Mannschaft in Zivil vor unserer Bleibe in Hyattville. Es sind drei Typen in meinem Alter, die mit Ihren Söhnen und Neffen jedes Jahr eine Woche zum Endurofahren unterwegs. Die sieben mache keine Reise, sondern sind auf derbere Trails aus, die sie dann zusammen irgendwie meistern. 

Getroffen haben wir uns kurz auf dem Weg nach Ten Sleep in einem Mini-Ort ohne Namen. Zwei von den Jungs waren mit der Army in Deutschland stationiert. Das kommt immer schnell zur Sprache und bietet Anknüpfungspunkte. Wir haben ein gemeinsames Ziel: Ten Sleep.

Ich bin als erster da und für mich gibts nach dem Tanken erstmal ein Eis bei Dirty Sally, dem Tante-Emma-Laden. Danach geht´s für mich zu Brauerei, denn da will ich Justin treffen, der mir da Ventile einstellen in seiner Garage angeboten hat. Dort treffe ich dann die Jungs wieder und wir trinken ein erstes Bier.  Danach verschwinden die 7 und ich versuche mal was zu essen zu kriegen.

Die Big Horn Bar gegenüber von Dirty Sally scheint mir die beste Wahl zu sein. Ich werde freundlich von Massi begrüßt. Es gibt nur tiefgekühlte Pizza, sonst nichts zu essen. Massi schuckt mich zum Kühlschrank, ich soll mir eine aussuchen. Speisekarten werden oft überbewertet.

Ich hau die knüppelharte Pizza auf den Tresen und Massi eilt damit zur Mikrowelle. In der Zwischenzeit haut mich David an.

David ist der Partner von Justin. Ihm gehört ein Teil der Brauerei und er war schon viele Male in Deutschland. Natürlich hat er auch ne Harley in der Garage.

David stellt mich dann noch Marlene vor, die zwei deutsche Großmütter in Bremen hat. Dann ist meine Pizza fertig und solange ich esse, bleibt die Situation übersichtlich.

Direkt nach der Pizza geht es weiter, an einem Vierertisch sitzen ein paar Youngster, die mein Motorrad draußen gesehen haben und nun wissen wollen, wo ich her komme und was ich hier will. Ein bisschen Flucht ist dabei, als ich bezahle und zurück zur Brauerei fahre. Ich will ja noch Justin treffen. Ich muss ein bisschen warten, da er noch mit seinem Sohn unterwegs ist.

Während ich ein Ten Sleep – Spee Goat – Bier zu mir nehme, setzt sich ein Ehepaar zu mir und fragt nach Motorrad und Reiseroute. Kurz, es ist unglaublich, wieviele Leute ich in einem so kleinen Ort in so kurzer Zeit kennengelernt habe.

Nachdem ich Justin getroffen habe, fahre ich zu den Jungs, die das Airbnb in Hyattville gebucht haben. Die Tour, die wir am nächsten Tag zusammen machen, habe ich im  letzten Beitrag ja schon beschrieben.

 

Nachdem wir zurück sind und gegessen haben, geht´s mit den Trucks nach Ten Sleep zur Brauerei. Dort gibt´s “Open Mic”. Was soviek heißt, wie jeder der mag darf auf die Bühne und seine Kunst zum besten geben.

A,s wir da einlaufen, gibt´s schon ein großes Hallo. “Markus is back” Tatsächlich sind ein paar Leute da, die ich am Vortag kennengelernt habe. Es ist einfach unglaublich.

Wer in Wyoming ist, kommt um eine Runde Corn Hole nicht herum. Irgendwie ist das die amerikanische Form des Boccia. Mit Mais gefüllte Säckchen müssen auf ein Brett mit einem Loch, bzw. dort hinein geworfen werden. Über eine relativ komplizierte Punkteberechnungsmethode wird der Punktestand und der Sieger ermittelt. Unsere ganze Mannschaft tritt natürlich an.

Der “Open MIc” Day bringt nun auch keinen Punk-Rock auf die Bühne, sondern eher weich gespülte Country-Musik. Die idyllische Lage der Brauerei und das harmlose Maissäckchen werfen vermitteln eine friedliche Stimmung. Alle die da sind, sind irgendwie Freunde. Es ist wie am Heiligen Abend in Düsseldorf in der Altstadt.

Dennoch, irgendwann geht´s zurück. Diesmal sitze ich in Davids Truck. David fährt einen höhergelegten Ford und stet auf Hard Rock. Zurück nach Hyattville fahren wir dann auch nicht über die Straße sondern die Abkürzung über den Schotter.

Mit der friedlichen Atmosphäre ist es vorbei, als der Schotter aus jeder Kurve spritzt, Metallica aus den Lautsprechern dröhnt und durch die offenen Fenster die Blitze zucken. Es gewittert anständig, aber hier bei uns ohne Regen. Heroischer kann man so ne Rückfahrt aus der Vanillaszene an der Brauerei nicht mehr inszenieren. David wirkt sehr zufrieden…

All das hat sich zugetragen vor 48 Stunden und 2.400 Kilometern Entfernung.

Lange Geschichte

Ich weiß schon gar nicht mehr, wo ich eigentlich stehengeblieben bin. Es ist soviel passiert und ich habe soviele Leute kennengelernt in den letzten Tagen, dass zum Aufschreiben gar keine Zeit blieb.

Auf dem Weg nach Ten Sleep hab ich eine Gruppe Motorradfahrer kennengelernt. Abends war ich in der Brauerei verabredet, die Justin gehört, mit dem ich gemeinsam die Ventile einstellen wollte.

 

Justin möchte ich Euch kurz vorstellen. Er hat gemeinsam mit seinem Vater diese kleine lokale Brauerei aufgebaut. Das Haus steht auf einem traumhaften Fleckchen Erde. Hat einen Außenbereich, diverse Biersorten, alles ist familiär und mehreren Abenden in der Woche treten dort auch Bands auf. Es ist ein selbsterschaffenes Paradies. Als ich dort ankomme, sitzen die Jungs schon dort und es gibt erstmal ne Runde frisch gebrautes.

Die sieben Jungs, die ich kennengelernt hab, sind deutlich sportlicher unterwegs. Es sind ein paar Freunde in meinem Alter und deren Söhne. Sie sind ein bisschen enttäuscht von den Trails in Wyoming und suchen jeden Abend etwas anspruchsvolleres raus. Übernachtet wird in Airbnbs dieser Kategorie.

Mich haben sie eingeladen, doch eine Nacht hier zu verbringen, um ein paar gemeinsame Biere zu trinken. Einer ist Motorrad-Mechaniker und will auch mal nen Blick auf die Katie werfen. Jetzt hab ich ein bisschen Terminstress. Aber nachdem ich mit Justin geplaudert ha, mache ich mich auf den Weg nach Hyattville. dass mit seinen 28 Einwohnern durch uns fast überbevölkert wirkt.

An der Bar im Ort frage ich nach der Adresse. Gottseidank hab ich ein Foto von dem Haus. Das hilft sofort. 1 Minute später stehe ich vor der Tür.

Am nächsten Morgen machen wir uns dann gemeinsam auf zum Big Horn Overlook. Das ist die Stelle, an der das Foto entstanden ist. Das war der letzte Höhepunkt, den ich hier im Westen ansteuern wollte, bevor ich nach Osten abbiege.

Der Weg, den die Jungs hierhin ausgesucht haben, war ausgesprochen knackig. Aber da ich noch ne Nacht bleibe, konnte ich ohne Gepäck fahren, was die Katie ganz anders den Berg rauf rennen lässt.

Mein Beschluss ist, mit einem von den Jungs mit seinem Truck und der Katie auf dem Trailer nach Ohio zu fahren. Ich habe zuviel Zeit verloren, um stressfrei selbst nach New York City fahren zu können. Es darf dann nichts mehr dazwischen kommen.

Heute morgen gehts los und morgen früh stehe ich dann samt Katie in Toledo Ohio. Ich bion sehr gespannt auf die amerikanische Zivilisation. Davon hab ich bislang ja wenig mitbekommen.

Und dann muss ich bald noch ein paar Geschichten mehr erzählen, die ich in Ten Sleep erlebt habe.

Wie jetzt?

Schon auf dem Weg  zur Werkstatt gab´s an der Kati nichts mehr zu maulen. Die hing am Gas, wie es schon immer sein sollte. Trotzdem haben wir den Druck gemessen, den die Benzinpumpe aufbaut und haben zwei Probefahrten gemacht und währenddessen den Druckmesser im Auge behalten. An der Einspritzdüse liegt genau der Druck an, der auch im Handbuch beschrieben ist. Und das über den gesamten Drehzahlbereich. Man könnte auch sagen, die Pumpe arbeitet korrekt und weder Filter noch Sieb können verdreckt sein, denn sonst wäre der Druck höher. Die Benzinschläuche sind dicht, sonst wäre der Druck niedriger. Kurz: Es ließ sich kein Problem feststellen.

Trotzdem habe ich für ca. 100 $ eine Benzinpumpe bestellt, die ich als Ersatz mitnehme. Vielleicht brauche ich sie ja auf dieser oder der nächsten Reise nochmal. Morgen um 10 Kommt die Pumpe hier an. So der Plan. Dann fahre ich weiter. KTM hätte übrigens bis zum 8. August gebraucht. 

Heute Nachmittag hab ich dann noch ne ausgedehnte Probefahrt über 220 Kilometer zum National Museum of Military Vehicles gemacht. Der Hin- und Rückweg verlief gänzlich unproblematisch.

Das Museum selbst fand ich sehr interessant. Ich bin kein Militärfreak, interessiere mich auch nur mäßig für Geschichte und Technik als solche ist auch nicht mein größtes Interesse. Trotzdem hab ich mich fast 3 Stunden in dem Museum aufgehalten und war, wie schon häufig, begeistert von der Art und Weise in der Amerikaner in Museen Sachverhalte präsentieren.

Wie man auf den Fotos erkennt, werden nicht einfach Hubschrauber oder Panzer ausgestellt, sondern zum Teil recht aufwändig inszeniert. In der Halle, in der es um den Vietnamkrieg ging, ist ein Bambus-Dschungel aufgebaut, der verdeutlichen soll, wie undurchsichtig und unsicher es wohl angefühlt haben muss, sich dort zu bewegen. Hier gehts nicht ums Zeigen oder Lehren, sondern viel mehr auch  ums Erleben. Zusätzlich wird an unterschiedlichen Stellen mit Videopräsentationen der gesamte Hintergrund vom 2. Weltkrieg bis zum Vietnamkrieg erklärt. Es gibt natürlich auch viel deutsches zu sehen und Amerika stellt sich schon deutlich als Befreier Europas vom Nazi-Deutschland dar.

Ich bin zu diesem Museum gefahren, weil man mir den Tipp gegeben hat, ich ein Ziel für meine Probefahrt brauchte und weil mich die Beziehung der Amerikaner zum Militär und den Veteranen schon sehr interessiert. Ich habe auf der Reise hierzu schon eine Menge Fotos gemacht. Weil dieses Thema überall präsent ist., Die Marines, die Veteranen, Recruiting-Büros und Programme für Returned Heroes. Diese Dinge gehören hier zum täglichen Straßenbild. In San Francisco genauso, wie auf dem Land. Vielleicht mache ich mal einen Blogbeitrag zu diesem Thema.

Das ist übrigens der Verwalter von meinem Motel. 71 Jahre alt und Vietnamveteran. Ich hab ihn mal gefragt, wann der Krieg denn eigentlich zu Ende war. Er sagte dann nach ein bisschen überlegen. “Im Oktober 74 haben wir Hanoi bombardiert und dann sind wir nach Hause geflogen.” Das klang sowas von selbstverständlich wie “Dann haben wir noch einen Umweg über den Time Square gemacht und dann mussten wir auch schon zum Flughafen. Naja, das ist ein eigenes großes Thema denke ich.

Ich hab ja jetzt das ganze Wochenende hier abgehangen, ohne mich wirklich bewegen zu können. Und was macht Mann, wenn es ein Motorradfreies Wochenende gibt?

Shoppen, was sonst!?

Murdochs ist ein großer Baumarkt hier und wenn sich die Türen hinter Dire geschlossen haben, fühlst Du Dich gleich wie zu Hause. Die Ausmaße und das Sortiment sind ähnlich wie in einem großen OBI oder Bauhaus bei uns.

Sehr begeistert war ich vom hiesigen Schraubenparadies. Ich brauchte M4 10mm. Kein Problem, gibt´s einzeln kostet 35 Cent.

Danach zum Walmart. Obst wär mal wieder Klasse. Gibt´s auch, aber auch jede Menge andere Entgleisungen.

Käsebällchen im 10 Liter Gebinde zum Beispiel. Hab ich schon mal probiert. Sind ganz lecker. Oder Brezelbällchen gefüllt mit Erdnussbutter. Die Einstiegsdroge überhaupt.

Wenn´s mal schwierig wird, gibt´s hier auch rezeptfreie Medikamente. Nicht nur ein Regal, sondern 4 in dieser Größenordnung. Socken hätte ich gebrauchen können. Aber ich wollte weder 6 noch 12 Paar kaufen, also zieh ich weiter meine alten an.

Am Samstag musste dann auch Abends mal was gehen. Ich bin in die Stadt getigert, die menschenleer ist. Geschäfte sind ohnehin zu. Alle Restaurants schließen entweder um 8 oder um 9. Mit unbefriedigtem Saturday Night Fever bin ich schon wieder auf dem Nachhauseweg als ich Partygeräusche höre. Nicht auf der Hauptstraße, sondern in der zweiten Reihe, wo das wahre Leben stattfindet. Tatsächlich eine Bar mit Außenbereich. Vor der Tür mindestens 20 Harleys.

Ich mit T-Shirt, kurzer Hose und Turnschuhen etwas underdressed. Die Jungs alle mit schweren Boots, Jeans, T-Shirt, Kutte und Portemonnaie an der Kette.

Mit dem Mut der Verzweiflung steuere ich als Konfirmant möglichst unbeeindruckt auf die Bar zu. AIch bin der Hingucker des Abends. An der Bar gibt´s erstmal ein Bier.

Hier läuft sowas wie Karaoke. Nur nicht so vordergründig. Wie selbstverständlich schnappt sich ständig  irgendein betagtes Mädel oder ein entsprechender Bube das Mikro und singt schlecht zur mir unbekannten Musik. 

Zum bemühten Gesang wird auch getanzt und das ganz konventionell. Es sieht ein bisschen aus wie der  Abschlussball der Hells Angels.

Ich wette, ich bin hier der einzige, der nicht tätowiert ist. Dann denke ich mir, ich warte, bis alle ein bisschen besoffener sind. Dann werden die bestimmt auch lockerer. Daraus wird aber nichts. Ich bin eher soweit.

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